17.01.15
Unserer Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft ist allerdings eine ganz andere!
Rassismus ist kein Phänomen des rechten Randes. Vielmehr werden Vorurteile und rassistische Stereotype in der Mitte der Gesellschaft reproduziert. Zahlreiche Studien haben sich mittlerweile damit auseinandergesetzt - die Ergebnisse sprechen eine eindeutige Sprache. Der Versuch mittels der Extremismustheorie, die Mitte der Gesellschaft als neutralen, demokratischen Kern derer darzustellen, blendet diese Realität aus.
Seit geraumer Zeit machen die PEGIDA-Aufmärsche von sich reden. Hierbei zeigt sich das Weltbild recht deutlich. Vorurteilsbeladen, im Kern rassistisch und resistent gegen Fakten zeigen sich die meisten Teilnehmer_innen. Sie schieben eine irrationale Angst gegen einen marginalen Teil der Gesellschaft vor. So ist beispielsweise der Anteil derjenigen derer, gegen die PEGIDA in erster Linie auf die Straße geht, in Sachsen kaum spürbar.
Nun ist für den 25.1. auch in Giessen ein Aufmarsch geplant, bei dem unter dem Motto „Gemeinsam für die Zukunft“ eine ähnliche Richtung eingeschlagen wird. Zwar betonen die Organisatoren nichts mit rechten Weltbildern zu tun haben zu wollen. Allerdings handelt es sich hier um eine konsequenzlose Worthülse. Die meisten derer, die sich für den Sonntag angekündigt haben, sympathisieren in sozialen Netzwerken mit HoGeSa, PEGIDA oder der AfD. Des Weiteren gibt es einzelne Personen, denen die rechte Band Kategorie C oder die neonazistische Kleidungsmarke Thor Steinar „gefällt“. Auch die Organisatoren sind darunter zu fassen. So zeigen beide in die Öffentlichkeit getretenen Personen einen positiven Bezug zu HoGeSa. Manuel Herget, auf welchen die Internet-Seite von „Gemeinsam für die Zukunft“ angemeldet ist, verfasste anfangs einen Reisebericht über die HoGeSa-Demo in Köln und war dort auch auf Fotos von der Demo zu sehen. Mittlerweile wurde der Bericht, wie auch die Bezugnahme auf weitere HoGeSa-Veranstaltungen, scheinbar aus taktischen Gründen, wieder von der Seite genommen. Auch hat er scheinbar kein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber Neonazis. Er veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite ein Aufklebermotiv der Autonomen Nationalisten Vlaanderen, die er offensichtlich auf der Demo kennen lernte.
Kein Raum für rassistische Weltbilder!
Es liegt nahe, dass es im Kern nicht um die vermeintliche Islamisierung geht, sondern dass der IS oder die Salafisten nur ein anschlussfähiges und unverfängliches Motto sein sollen. Vielmehr spielen eine generelle Unzufriedenheit gegenüber den bestehenden Verhältnissen und im Speziellen gegenüber der Politik eine Rolle. Aber anstatt Proteste gegen sozialpolitische Probleme zu organisieren, werden die Probleme auf einzelne Menschengruppen projiziert. Es entsteht der Eindruck, dass die Demonstrierenden nicht gegen die Politik auf die Straße gehen würden, weil sie denken, auf diese Art und Weise sowieso nichts verändern zu können. Demnach ist es einfacher einen anderen Schuldigen für die Probleme zu finden.
Die Menschen, die zu PEGIDA-Veranstaltungen oder ähnlichen gehen, geben vor besorgt und wütend zu sein. Es scheint so, als stecke eine essentielle Angst dahinter. Demnach handelt es sich hier um Existenz- oder Zukunftsängste. Menschen können kaum noch von Harz 4 leben, mit der Rente sieht es ebenfalls schlecht aus und das, was die meisten, die Arbeit haben, verdienen, reicht gerade so zum Leben. Es wird allerdings nicht der Politik angelastet. So bleibt es aus, dass mehrere 10.000 Menschen allwöchentlich gegen die Renten- und Arbeitsmarktpolitik, geschweige denn gegen die herrschenden Verhältnisse auf die Straße gehen.
Es scheint, als wäre es einfacher „nach unten zu treten“. Die politischen Verhältnisse erscheinen, den meisten hierbei unantastbar und somit würde es, aus ihrer Sicht, auch nichts ändern gegen diese zu demonstrieren. Also wird eine Projektionsfläche angeboten. Im Fall von HoGeSa oder PEGIDA soll diese in erster Linie der Islam sein, de facto geht es aber gegen alle Menschen die nach Europa flüchten. Das Gefühl, dass von dem, wovon scheinbar sowieso zu wenig vorhanden ist, noch etwas abgeben zu müssen, schürt diese Ängste. Dass rational gesehen Zuwanderung nicht das Problem darstellt, warum Menschen permanent am Existenzminimum leben, ist so gut wie nicht vermittelbar.
Tief verwurzelte rassistische Klischees und Stereotype werden hingegen wieder laut ausgesprochen. Ängste vor dem Unbekannten und die Angst, dass Geflüchtete etwas bekommen könnten, was „den Deutschen“ vorenthalten bliebe und die Logik, dass nur Menschen etwas besitzen dürfen, die dafür gearbeitet haben, bündeln sich zu einem xenophobem Gesamtbild.
Wenn Menschen mit solchen Ansichten dann versuchen Taten wie die Anschläge in Paris zu analysieren, wird deutlich, dass dieses fragile und widersprüchliche Weltbild nur einfache Antworten aufweist. So ist es nicht überraschend, dass solche Taten der PEGIDA-Bewegung zuträglich sind. Allerdings dienen diese nur dazu die Ängste weiter zu schüren. Denn eine vermeintliche Solidarität birgt eigentlich zu viele Widersprüche. Wird doch allmontaglich auch die Presse als Feindbild stilisiert, zu dem unter anderen Umständen auch das Pariser Satiremagazin „Charlie Hebdo“ zählen würde.
Als Religionskritik oder eine Kritik an einem Fundamentalismus kann das nicht bezeichnet werden. Aus einer differenzierten und emanzipatorischen Sicht ist eine Kritik notwendig. Eine Kritik muss sich demnach an die antiemanzipatorischen, insbesonders die patriarchalen, Strukturen richten. Wenn aber ein roter Faden aus Geflüchteten über den Islam zu Terror gespannt wird, müssen wir dem eine deutliche Absage erteilen.
Angst, Populismus, Rassismus?
Jedoch sind die „Spaziergänge“ von PEGIDA eine logischen Konsequenz, aus den Aufmärschen in Schneeberg oder Greiz. Der Teil der bürgerlichen Mitte, der rassistische Positionen vertritt ohne zu wissen oder wissen zu wollen, dass diese rassistisch sind, zeigt auf, dass es nicht das Problem ist, dass sie mit irgendwelchen Nazis auf die Strasse gehen. Sondern sie sind das Problem und sie sind sich dessen bewusst. Denn die Vorahnung, ihre Haltung könnte problematisch sein, führt eben nicht dazu diese Haltung zu überdenken, sondern nur dazu sich vorauseilend durch bloße Behauptung von jedwedem Rassismus zu distanzieren. Ohne aus den eigenen Aussagen auch nur die geringsten Konsequenzen zu ziehen. Es scheint also in Ordnung zu sein, eine rassistische Positionen zu haben. Sie sollen nur nicht so benannt werden, da dies gesellschaftlich verpönt ist. Und so ist es egal ob Schneeberg oder Dresden, Kassel oder Köln. Der bloße Glaube man sei Bürger und kein Nazi soll ausreichen, um sich von jeder Form des Rassismus und der Xenophobie freizusprechen.
Und so versuchen es auch die Organisatoren von „Gemeinsam für die Zukunft“ sich durch bloße Behauptungen zu distanzieren. Sehr glaubwürdig ist das nicht. Viel mehr bieten sie allerdings mit ihrer Veranstaltung einen Raum, in dem auch rassistische Weltbilder anschlussfähig sind. So sehr das Motto auf den ersten Blick unterstützenswert erscheint, bleibt es dennoch dabei, dass die Grundintentionen zeigen in welche Richtung es tendiert.
Gegen Ausgrenzung und Rassismus!
Am 25.1. ab 12 Uhr findet am Bahnhof eine Gegenkundgebung zu dem Aufmarsch statt.