Aufruf zur linksradikalen Beteiligung an der Antinazi-Demonstration in Biblis
ZUGTREFFPUNKT; um 9.45Uhr am Gießener Hauptbahnhof
14.09.2013 / Beginn 12:15 Uhr / Biblis Bahnhof
Passend zu der vorherrschenden Lokalpolitik in Biblis findet jedes
Jahr das Gurkenfest statt, dass genauso unspektakulär ist wie der Name
klingt. Das eigentliche Gurkenfest in Biblis ist die Lokalpolitik, die
nun vor der Bürgermeisterwahl entdeckt hat, dass Biblis ein
tiefgreifendes Naziproblem hat. Obwohl sie schon seit 2010 in Biblis
aktiv ist, wollen die Lokalpolitiker*innen erst jetzt entdeckt haben,
dass einer der aktivsten Nazigruppen in Hessen hier ihre „Homezone“ hat,
die „Nationalen Sozialisten Ried“ (NSR).
Zahlreiche einschlägige Schmierereien „zieren“ die Stadt, so wird man
am Bahnhof mit „Rotfront verrecke“ begrüßt. Die Bibliser Gruppe ist
maßgeblich am hessenweiten Neonazinetzwerk „Freies Netz Hessen“ (FN
Hessen) beteiligt. So hat sich die Gruppe beispielsweise massiv an der
bislang größten Kampagne des FN Hessen beteiligt, der sogenannten
„Israel Mordet!“-Kampagne. Im Rahmen dieser antisemitischen Kampagne
wurden massenhaft Sticker in verschiedensten Teilen Hessens verklebt,
unter anderem auch über Stolpersteine von jüdischen Menschen, die durch
das NS-Regime ermordet wurden. Darüber hinaus versucht die Gruppe
regelmäßig Veranstaltungen gegen Rechts zu stören und dort im Sinne
einer „Wortergreifungsstrategie“ ihre Propaganda zu verbreiten.
So geschah es, dass bei einer Veranstaltung des Beratungsnetzwerk
Hessen, Nazis aus dem gesamten Kreis Bergstraße in einer Sitzreihe saßen
mit Mitgliedern der rechten Wählervereingung „Freie Liste Biblis“
(FLB). Hierdurch wird die gegenseitige Kooperation und ideologische Nähe
zwischen den beiden Gruppen in Biblis deutlich. Die FLB wurde seit 2001
kontinuierlich in das Bibliser Gemeindeparlament gewählt, zuletzt mit
22,7% der Stimmen im Jahr 2011.
Die politische Ausrichtung dieser Wählervereinigung ist mehr als
offensichtlich. So postet sie regelmäßig kopierte PI-News (ein
einwanderungsfeindlicher und kulturrassistischer Blog) und NPD-Artikel
auf ihrer Webseite oder verteilt eigene Flugblätter mit ähnlichem
Inhalt.
Der Vorsitzende der FLB – Hans-Peter Fischer – ist mit 18 der NPD
beigetreten und in den 90ern Vorsitzender der Republikaner im Kreis
Bergstraße gewesen, wo er allerdings abgesetzt wurde, nachdem er nach
einem von ihm organiserten Frank Rennicke Konzert in Biblis (1999) auf
eine Kooperation mit der NPD drängte. Er führte dann seine Unterstützung
der NPD im privaten Rahmen weiter, indem er ihnen sein Hotel
„Neißeblick“ (Ostritz, Sachsen) seit mindestens 15 Jahren für
Naziveranstaltungen und NPD-Parteitage zur Verfügung stellt.
Die NPD dankte ihm für sein Engagement indem sie ihn im Gegenzug als
einzige Anwesenden bei seiner Kundgebung „für die Flutopfer“ im April
2012 „unterstützte“. Sein Hotel war durch die Elbeflut überschwemmt
worden, er fand die „Regierung“ habe ihn im Stich gelassen und äußerte
sich auf der Kundgebung, wo er, neben einem Transparent mit der
Aufschrift „Keine Hilfe für uns Flutopfer, Milliarden für Griechenland“,
eine Rede hielt.
Nach ihm traten zahlreiche zentrale Figuren der NPD ans Mikrofon,
unter anderem Arne Schimmer und Andreas Storr. Dies alles wurde in der
NPD-Propagandasendung „Blickpunkt Sachsen“ festgehalten, in der sich
Fischer ausführlicher in einem Interview auslässt.
Seit dem Aus für Atomkraft in Deutschland sind in einer Stadt, dessen
Hauptwirtschaftssektor die Atomkraft ist, auch die Ängste der
Bürger*innen um ihre Zukunft gestiegen. Die gleichzeitig stattfindende
Wirtschaftskrise in Europa tut ihr Übriges, um kleinbürgerliche deutsche
Ressentiments zu schüren und rechte Positionen unter dem Label „Freie
Liste Biblis“ attraktiv zu machen. In der letzte Bürgermeisterwahl
erreichte die FLB mit ihrem Kandidaten Fischer 13,6% der Stimmen.
Für SPD und CDU stellte der hohe Stimmanteil für nationalistische und
faschistische Positionen, sowie die Aktivitäten der NSR kein Problem
dar. So blieb auch die Unterstützung der Politik weitestgehend aus, als
ein engagierter Bürger Fischer auf Grund seiner Nähe zur NPD öffentlich
zur Rede stellte und daraufhin von diesem
verklagt wurde (die Klage erwirkte das Gegenteil, Fischer wurde zu einer
Geldstrafe auf Bewährung wegen Beleidigung in einem zweiten Verfahren
verurteilt).
Biblis dient als mahnendes Beispiel wie verbreitet nationalistische,
rassistische, antisemitische und andere menschenfeindliche Positionen in
der hessischen Provinz sind. Schlimmer noch: Biblis kann sich in jeder
anderen Stadt wiederholen, sollten keine Gegenstrategien entwickelt und
politische Bildungsarbeit betrieben werden. Die Verbreitung reaktionärer
Ideologie kann nur dort verhindert werden, wo Menschen sich ihr aktiv
entgegenstellen.
Dennoch regt sich langsam etwas Widerstand in Biblis: die Politik
gerät unter Druck das offensichtliche einzugestehen. In Biblis gab es
dieses Jahr eine (von Rechten unterwanderte) Informationsveranstaltung
und eine „Abkratzaktion“ von Naziaufklebern mit verschiedenen Parteien.
Es wird aber deutlich, dass es schwer wird die in der
Dorfgemeinschaft verwurzelten Tendenzen und ihre Fürsprecher zu
isolieren. Deswegen fordern wir jegliche Zusammenarbeit mit oder
Anerkennung der FLB zu einzustellen und sich gemeinsam den Nazis
entgegenzustellen, sei es die „Freie Liste Biblis“ oder die „Nationalen
Sozialisten Ried“.
Bibliser Verhältnisse abschalten! Nazistrukturen den Saft abdrehen!
saftabdrehen