Zwischen Vorurteil und Ressentiment
Zum Verhältnis von Antisemitismus, Rassismus und 'Islamophobie'
In der Debatte über den Islam und die Feindschaft gegen Muslime sind gesellschaftskritische Positionen kaum zu finden. Während rechtspopulistische Parteien sich mit der Agitation gegen Muslime als Bedrohung der wahlweise Heimat, Leitkultur oder des Abendlandes in Europa etabliert haben, bleibt das Verständnis für deren Erfolg unzureichend. Mit Blick auf die Äußerung von Wolfgang Benz – seines Zeichens Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung – die Wut der neuen Muslimfeinde gleiche dem alten Hass der AntisemitInnen offenbart sich ein fundamentales Unverständnis über das Verhältnis von Ressentiment und Gesellschaft. Dieses Verhältnis zu erhellen ist Ziel der Vortragsreihe.
Termine: 20.04.|27.04.|04.05.
Ort: Alte UB|Raum2
Bismarckstraße 37 | Haltestelle Liebigschule
Zeit: 18 Uhr
20.4.2011 Antisemitismus und Islamophobie.
Juliane Wagner. Politikwissenschaftlerin/Leipzig
Der Vortrag wird der Frage nachgehen, welche theoretischen Annahmen den Begriffen Antisemitismus und Islamophobie am Zentrum für Antisemitismusforschung zugrunde liegen. Es soll überprüft werden ob es im Rahmen der Vorurteilsforschung des ZfA möglich ist, die wesentlichen Inhalte, Strukturmerkmale und Spezifika der beiden Phänomene zu erfassen. Im Ergebnis soll deutlich werden, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Parallelen der beiden Ressentiments auf ein unzureichendes Begriffsverständnis zurückzuführen ist.
27.04.2011 Rassismus und antimuslimisches Ressentiment.
Floris Biskamp. Politikwissenschaftler/Giessen
Zuletzt ist es in Mode gekommen das Ressentiment gegen den Islam nicht mehr als „Islamophobie“, sondern als „antimuslimischer Rassismus“ zu bezeichnen. Obwohl es keinen Grund gibt, ersterem Begriff hinterher zutrauen, ist auch letzterer problematisch. Denn kaum ein Ausdruck ist stärker mit Bedeutungen und Assoziationen überladen als der des Rassismus. Im Vortrag wird es darum gehen einen brauchbaren Begriff des Rassismus herauszuarbeiten und dann sein Verhältnis zum
heutigen Ressentiment gegen den Islam zu diskutieren.
04.05.2011 Kritikphobie. Eine Debatte auf Holzwegen.
Lothar Galow-Bergemann. Publizist/Stuttgart
Die „Islam-Debatte“ ist geprägt von Essentialisierungen, die oft mehr über die Debattierenden selbst als über ihren vermeintlichen Gegenstand aussagen. Wo es um Menschen gehen sollte, wird eine Religion abwechselnd unter faktisches Kritikverbot gestellt oder zur Inkarnation des Bösen phantasiert. Anstatt Licht ins Dickicht von Religion, religiösem Fundamentalismus und Ressentiment zu bringen, werden kulturrelativistische wie kulturalistische Bedürfnislagen bedient.
Antimuslimische Ressentiments grassieren zeitgleich mit Blindheit gegenüber islamistischem Wahn. Welche Holzwege sind zu verlassen, um beidem überzeugend entgegentreten zu können?