06.03.10

Spontandemo nach rechtem Brandanschlag

In der Nacht auf Freitag den 5.3 verübten bisher Unbekannte einen Brandanschlag auf das Privathaus eines Mitglieds des Wetzlarer Bündnisses gegen Nazis.

Dieser Mordversuch ist der Höhepunkt einer Serie von Anschlägen, Übergriffen und Einschüchterungsversuchen von Neonazis. Als Reaktion auf den Anschlag zogen am Abend spontan rund 150 AntifaschistInnen aus verschiedenen Spektren durch die Wetzlarer Innenstadt um den Fokus auf die politische Dimension des Angriffs zu lenken.

Es ist nicht der erste Angriff auf das von einer Familie, die aufgrund ihres antifaschistischen Engagement in den Fokus der Wetzlarer Neonazis gerückt ist bewohnte Haus. Vielmehr reiht sich dieser Anschlag in eine Reihe von neonazistischen Übergriffen in Wetzlar ein, die sich mit dem Aufkommen der sogenannten Autonomen Nationalisten Wetzlar, seit ungefähr 2 Jahren häufen.

So ist die Familie bereits zweifach Opfer von Farbschmiereien, wie Hakenkreuzen geworden. Ebenso hat es Veranstaltungsorte von antifaschistischen und linken Konzerten und Vorträgen getroffen, wie Beispielsweise das Franzis und Irish Inn in Wetzlar oder das Autonome Kulturzentrum Ak44 in Gießen.

Dass die Wetzlarer Neonazis auch vor Gewalt gegen Menschen nicht zurückschrecken, suggeriert nicht nur deren Internetpräsenz, auf welcher offen gegen die politischen Gegener gehetzt wird. Auch die Äußerungen eines Mitglieds der "Anti-Antifa Wetzlar" in einem im Internet frei zugänglichen Video, gedreht von eben jenem Opfer des Brandanschlags, lassen keinen Zweifel an der Gewaltbereitschaft.

Ebenso sind die Übergriffe auf einen Informationstand der "Jungen Wetzlarer gegen Rechts" und das Thekenpersonal des Wetzlarer Lokals Irish Inn, sowie diverse Übergriffe auf missliebige, vermeintliche politische Gegner zu werten - sie sind Ausdruck einer menschenverachtenden Ideologie.

Dass die Polizei nun, wie schon zuvor nach Nazischmiereien in Gießen, von einer politischen Motivation der Täter nichts wissen will, sondern "in alle Richtungen ermittelt" halten wir für eine Farce. Manfred Pfister Pressesprecher der Antifa R4 Giessen meint dazu: " Es ist einfach nur unglaublich wie von Seiten der Polizei und der lokalen Politik versucht wird das Problem kleinzureden und totzuschweigen. Mit diesem Brandanschlag ist ganz eindeutig ein neues Niveau von Gewalt erreicht, welches zeigt, dass es sich nicht nur um irregeletete Jugendliche , sondern um gefestigte Neonazis, die selbst vor Mord nicht zurückschrecken, handelt. Rechter Gewalt muss massiv entgegengetreten werden und dazu ist es unerlässlich, rechte Übergriffe und Straftaten auch als solche zu benennen."

So bleibt der Widerstand gegen derartige Aktivitäten auf antifaschistische Gruppen beschränkt.

Um auf die eskalierende Gewalt von Neonazis hinzuweisen und klar zu machen, dass wir es nicht zulassen werden, dass die Stadt Wetzlar den Schutz vor neonazistischen Übergriffen durch politisch beredetes Schweigen den Opfern selbst überlässt und stattdessen wohl eher versucht nicht das "Image" einer braunen mittelhessichen Kleinstadt zu bekommen, demonstrierten am Abend des 5.3 rund 150 AntifaschistInnen spontan gegen Neonazis und das Schweigen über diese.

Die zunächst mit rund 50 aus verschiedenen Spektren von Gewerkschaftlern über linke Gruppen und autonomen Antifaschisten bestehende Demonstration zog vom Bahnhof zum Franzis.

Dort fand, aufgrund der regelmäßigen Störung von Veranstaltungen durch Neonazis, unter starkem Polizeischutz ein Konzert gegen Rechts statt. Hier schlossen sich weitere Menschen der Demonstration an, die daraufhin mit rund 150 TeilnehmerInnen circa eine Stunde durch die Wetzlarer Innen- und Altstadt lief und ihre Wut über den neuerlichen Übergriff lautstark nach außen trug.

Während am Rande der Demonstration Platzverweise durch die Polizei gegen bekannte Neonazis ausgesprochen werden mussten, als diese versuchten sich der Demonstration zu nähern, konnten die Demonstration ohne Zwischenfälle am Franzis beendet werden.