14.06.09

Vortrag am 26.6. 19h

Jürgen Mümken referiert im Infoladen um 19:00h über:

Wider der „freiwilligen Knechtschaft“
Den Staat verstehen und die Staatlichkeit der Gesellschaft überwinden

Warum kämpfen die Menschen für ihre Knechtschaft, als ginge es um ihr Heil? Was veranlasst einen zu schreien: Noch mehr Steuern! Noch weniger Brot! Wie Reich sagt liegt das Erstaunliche nicht darin, dass Leute stehlen, andere streiken, vielmehr darin, dass die Hungernden nicht immer stehlen und die Ausgebeuteten nicht immer streiken. Warum ertragen Menschen seit Jahrhunderten Ausbeutung, Erniedrigung, Sklaverei, und zwar in einer Weise, dass sie solches nicht nur für die anderen wollen, sondern auch für sich selbst“? (Gilles Deleuze und Félix Guattari im Anti-Ödipus)

Der Staat – in diesem Punkt sind sich alle AnarchistInnen einig – gehört abgeschafft. Für die Meisten sind seine Hauptfunktionen: Unterdrückung und Ausbeutung oder anders gesagt: „seine Form (ist) die Herrschaft, sein Inhalt die Ausbeutung“ (Oppenheimer). Deshalb haben AnarchistInnen nicht bestimmte Regierungen oder Staatsformen bekämpft, sondern immer den „Staat an sich“ in allen seinen Erscheinungsformen. Der Staat wurde und wird als eine große Maschine wahrgenommen, die den Individuen die Begrenzungen setzt, an denen sie ihr Leben auszurichten haben und deren Bewusstsein manipuliert. Der Staat wird als eine Maschine wahrgenommen, die uns permanent unterwirft und unterdrückt. Doch was ist „der Staat“, der so mächtig ist, dass er Millionen von Menschen ausbeuten und unterdrücken kann, ohne dass es nennenswerten Widerstand gegen ihn gibt. Wenn es Kämpfe gibt, zielen sie auf eine Transformation des Staates ab, oder es geht um eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse innerhalb des Staates. Dem Staat gelingt es sogar immer wieder, die „Unterdrückten“ in die Institutionen und Apparate der Unterdrückung (z.B. Militär, Polizei, Justiz etc.) einzubinden.
In einem Vortrag soll keine totalisierende Staatstheorie dargestellt werden, sondern Aspekte marxistischer und anarchistischer Staatskritik in Bezug auf Ökonomie und Aufrechterhaltung von Herrschaft und Ausbeutung dargestellt werden. Am Beispiel der neoliberalen Form von Herrschaft und Ausbeutung soll aufgezeigt werden, dass Entstaatlichung keineswegs automatisch in Richtung freier Gesellschaft zeigt. Statt einer „Staatsphobie“ (Foucault) nachzugehen, sollten lieber die gesellschaftlichen Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnissen im Zentrum der Auseinandersetzung(en) stehen.

Der Vortrag findet im Rahmen der Vortragsreihe zum Thema: Staat - Krise - Emanzipation statt, die im Oktober 2009 fortgesetzt wird!