07.04.08

Irmingot (NS Black Metal) geben wieder Konzerte

Einleitung
Am 19.April 2008 soll ein "Black Metal-Konzert" im Gasthof "zum Oswald" in Biedenkopf/ Weifenbach stattfinden. Unter den vier dort auftretenden Bands befindet sich auch die Wetzlarer Black Metal-Band Irmingot. Diese Band kann dem Spektrum des NS-Black Metal (National Socialist- Black Metal) zugeordnet werden. Festgehalten werden kann, dass die Band Irmingot bereits am 19.3.2008 in der Musikkneipe "zum Einhaus" in Asslar/ Werdorf auftrat. Zuvor war es in der Vergangenheit für längere Zeit ruhig um die Band geworden. Nun scheint sich die Band vermutlich mit einigen neuen Mitgliedern zusammengefunden zu haben. Wie schon vor ein paar Jahren kam es bei dem Konzert in Asslar vermutlich zu rechtsextremen Zwischenfällen. Ein Grund mehr für uns wieder einmal einen genaueren Blick auf die lokale Metal- Szene sowie auf das Treiben ihrer Protagonisten zu werfen.

Im folgenden Text möchten wir zunächst auf Verbindungen der hiesigen (Black) Metal- Szene zur NS- Black Metal- Szene sowie zur organisierten Rechten hinweisen. Dabei geht es uns nicht darum die mittelhessische Metal- Szene pauschal als faschistisch abzustempeln. Vielmehr soll dieser Text zur Sensibilisierung gegenüber rechtem Gedankengut beitragen und eine inhaltliche Auseinandersetzung fördern.
Anschließend wird zum besseren Verständnis ein kurzer Einblick in die Entwicklung des Black Metal von seinen Anfängen in den Achtzigern über sein Revival in den neunziger Jahren bis hin zur Entstehung des sogenannten „N(ational) S(ocialist) Black Metal“ nachgezeichnet, um die lokale Entwicklung besser in den Gesamtkontext einordnen zu können.


Über die Band Irmingot
Beim Konzert von Irmingot am 19.3.2008 in Asslar/ Werdorf drückten mehrere BesucherInnen ihre rechte Gesinnung durch das zeigen des "Hitler-Grußes" aus.
Bereits im Jahr 2004 kam es im Rahmen von zwei Metal Konzerten der "Kulturinitiative Metalhessen" zu ähnlichen Vorfällen: das zeigen des "Hitler-Grußes", das verteilen von Flyern für den "Rudolf Hess Gedenkmarsch" sowie das Singen des "Horst Wessel Liedes".
Schon im Jahre 2001 sollte die Band Irmingot auf dem "Berzerk-Festival" in Sachsen (Pirna) mit den bekannten NS-Black Metal Bands "Magog" und "Totenburg" auftreten. Bei Magog existierten zu diesem Zeitpunkt Überschneidungen zur militanten Rechtsextremen Kameradschaftsszene. Das Festival wurde jedoch von den örtlichen Behörden auf Anraten des Verfassungsschutzes untersagt.

Diese Vorfälle zeigen, dass es immer wieder zu Überschneidungen zwischen Teilen der Black Metal Szene und der Rechtsextremen Szene kommt.

Zur Band Irmingot lässt sich hinzufügen, dass in Texten und Interviews immer wieder der Kampf gegen das vermeintliche Grundübel der Menschheit, das Christentum propagiert wird. In dieser Auseinandersetzung geben Irmingot wohl den Grundtenor der hiesigen Black Metal- Szene wieder. Auf ihrem ersten Demotape coverte die Band das Lied 'War' der NS Black Metal Kultband "Burzum". Als Mitbegründer der "Black Metal Bruderschaft Hessen" versucht(e) man sich einen elitären Gestus zu geben und sich von sogenannten Pseudos in der Szene abzugrenzen.
Irmingot beteuern in Interviews immer wieder sie seien keine rechte Band. Doch wie passen da die obengenannten Kontakte zum extrem rechten Teil der Black Metal- Szene ins Bild. Immer wieder wird speziell der Sänger der Band Irmingot Adrian
„Astanoth“ Marquardt beim Hitler- Gruß zeigen und beim Verteilen von Flyern für „Rudolf- Heß Gedenkmärsche“ beobachtet. In einem Interview des Black Metal Fanzines
„Misantrophic“ soll der Frontmann sich sogar zu den sogenannten „14 words“ des Neonazi- Terroristen David Lane bekannt haben. Die 14 words stehen für: "We must secure the existence of our people and a future for white children". Zudem betrieb der Sänger ebenfalls Ende der neunziger Jahre ein Fanzine mit dem Namen
„Gejjon“ an das mit „Vargulf Prod“ ein eigener Vertrieb angeschlossen war.
Aufgrund ihrer Statements, ihres Auftretens und der bestehenden Kontakte zur NSBM- Szene können Irmingot wohl eindeutig als rechte Band bezeichnet werden.


Die Entwicklung des Black Metal (Hintergrund Informationen)
Black Metal entstand Anfang der achtziger Jahre als eine Spielart des Heavy Metal. Die führenden Bands der ersten Stunde rekrutierten sich aus den Mitgliedern der britischen Band „Venom“ und „Bathory“ aus Schweden. Spielten jene Gruppen noch ohne ernsthafte Auseinandersetzung mit satanistischer und germanisch- heidnischer Ästhetik so sollte das sich mit der Renaissance der Bewegung zu Beginn der neunziger Jahre schlagartig ändern. Das Zentrum der zweiten Black Metal - Welle war Norwegen.
Um die bis heute aktive Band „Mayhem“ und der mit ihr eng verbundene sogenannte „Black Circle“ entwickelte sich eine Szene, die „angetrieben von der Suche nach musikalischen Extremen und der Faszination an einem satanistischen bzw. „evil
(„bösen“) Image“ durch die Brandstiftung von Kirchen, Vergewaltigung und Mord traurige Berühmtheit erlangen sollte.
Zum engeren Kreis um den „Black Circle“ gehörte auch Christian „Varg“ Vikernes alias „Count Grishnackh“ alleiniges Mitglied der heutigen NS - Black Metal- Kultband „Burzum“. Vikernes wurde 1994 als Hauptangeklagter in einer Reihe gerichtlicher Prozesse gegen die norwegische Black Metal- Szene wegen der Brandstiftung an drei Kirchen und dem brutalen Mord an der führenden Szenegröße und „Mayhem“- Frontmann Oystein „Euronymus“ Aarseth zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Gefängnis entwickelte sich Vikernes´ diffuses Weltbild aus satanistischen, irgendwie „evil“ und nordischen Versatzstücken zu einem gefestigten neonazistischen Weltbild. Mit der Unterstützung von neonazistischen Organisationen gründete der „Burzum“- Frontmann die „Norwegian Heathen Front“ („Norwegische Heidnische Front“), später „Allgermanisch Heidnische Front“, die mittlerweile über Sektionen in ganz Europa und Nordamerika verfügt. Im Zuge dieser Entwicklung entstand der Begriff des NS (National-Socialist)- Black Metal.


Heidentum und Faschismus
Ideologische verbindende Elemente zwischen Black Metal und Neonazismus bestehen in der Ablehnung des Christentums, dass bei den Akteuren des NS- Black Metal oft auch als „judeo-christlich“ bezeichnet wird. Demnach wird das Christentum zur Marionette einer imaginierten jüdischen Weltverschwörung erklärt. „Es handelt sich hierbei um eine antisemitische Weltverschwörung, wie sie bereits im Dritten Reich propagiert wurde“. Im Gegensatz zu anderen neonazistischen Gruppen wird der Holocaust nicht geleugnet, sondern als „notwendiger Schicksalskampf des arischen Volkes“ gegen die Juden gerechtfertigt. Aus der Ablehnung des Christentums resultiert ebenfalls die Negation aller demokratischen und humanistischen Werte, die für die NSBM´ler sowie auch für die extreme Rechte im Allgemeinen ein Produkt der säkularisierten Form der christlichen Nächstenliebe, der Aufklärung, darstellen. Somit gilt die Aufklärung in rechtsextremen Kreisen als das Grundübel der heutigen modernen Gesellschaften. Als Gegenpunkt wird dem christlich- monotheistischen Glauben die heidnisch- germanische Götterwelt „als religiöses Ersatzsystem“ gegenübergestellt, in der vermeintliche natürliche Ausleseprinzipien z. B. das „Überleben des Stärkeren“ propagiert werden. Die christliche „Nächstenliebe“ bzw. deren säkularisierte Form -das universelle Recht der Gleichheit aller Menschen- wird von ihnen als Symbol der Schwäche abgelehnt.
„Ayran race wake up! The new era of paganism and darkness is coming. Graveland will show you the way. Start Holocaust again, kill jews and christians...“ Statements, wie jenes von Rob Darken, Sänger der polnischen NSBM- Band „Graveland“ sind in dieser Szene keine Seltenheit, sondern vielmehr die Regel.
Als deutsches Pendant zu „Burzum“ gilt die Band „Absurd“ aus dem thüringischen Sondershausen. Großes mediales Aufsehen erregte die Band 1993 durch den sogenannten „Satansmord von Sonderhausen“ bei dem die Mitglieder von Absurd einen Mitschüler erdrosselten. Ähnlich Varg Vikernes´ mutierte „Absurd“-Chef Hendrik Möbus während seiner Haftzeit zum bekennenden Neonazi. Seine Aussage zum Mord an seinem Mitschüler im Szene Almanach 1998 veranschaulicht, das von ihm vertretene extrem rechte und menschenfeindliche Weltbild sehr deutlich: „Nun am 29.4.93 entschlossen wir uns, dem Leben eines lebensunwerten Geschöpfes ein Ende zu setzen. So ist es geschehen“.
Nach Verbüßung einer sechsjährigen Jugendstrafe wurde Möbus auf Bewährung entlassen, kam aber sogleich wieder durch das Tragen von verfassungsfeindlichen Symbolen mit dem Gesetz in Konflikt. Der drohenden Verhaftung entzog er sich durch Flucht in die USA, wo er Unterschlupf bei William Pearce, dem Führer der neonazistischen „National Alliance“ und Inhaber des Rechts-Rock- Labels
„Resistance- Records“ fand. Nach dem sein Gesuch auf politisches Asyl abgelehnt wurde, nahmen die US- Behörden Möbus fest und schoben ihn im Sommer 2001 nach Deutschland ab.
In den letzten Jahren verzeichnete sowohl die Black Metal Szene im Allgemeinen als auch die NSBM- Szene im Speziellen einen Boom. Die Kommerzialisierung des Musikstils Black Metal setzte einen Entradikalisierungsprozess in Gang, so dass der ursprünglich ausschließlich für einen kleinen elitären Kreis konzipierte Musikstil, auch für ein breiteres (Mainstream-) Publikum rezipierbar wurde. Beste Beispiele diese Entwicklung sind die norwegische Band „Dimmu Borgir“ oder aber auch
„Cradle of Filth“ aus Großbritanien, die mit einer „soften“ Variante dieses extremen Musikstils sogar kommerzielle Erfolge feiern konnten. Ebenfalls brachen die Grenzen zu anderen Subkulturen auf. Black MetalerInnen sind inzwischen unter anderem zu einem festen Bestandteil auf Tanzabenden der Dark Wave/ Gothic- Szene geworden.
Die andere Szenefraktion- bezeichnen wir ihn als kommerziell nicht erfolgreichen Part- pflegt weiterhin eine elitären Gestus im Sinne des „Black Circle“ oder der norwegischen Black Metal- Szene zu Beginn der Neunziger. Aus der elitären Haltung entwickelte sich auch die Ablehnung von jeglichem kommerziellen Erfolg. Dieser Fraktion ist auch die NSBM- Szene zuzurechnen, die in Deutschland, wie bereits erwähnt um die Band „Absurd“ und deren Label „Darker Than Black“ entstand und in den letzten Jahren immer stärker in die Erlebniswelt der organisierten Rechtesextremismus integriert wurde. Die Übergänge sind dabei fließend, wie das oben geschilderte Untertauchen von Hendrik Möbus gezeigt haben dürfte. Aber auch die Übergänge zwischen der vermeintlich unpolitischen Black Metal- Szene und dem NS- Black Metal sind fließend- wie die oben stattgefundene Betrachtung der lokalen Szene gezeigt hat.


Literaturhinweise:
-Dornbusch, Christian: Zwischen Hitler und Wotan- Black Metal im Dunstkreis des Nationalsozialismus IN: Lotta Nr.2/2000.
-Westad, Truls: Zwischen Hitler und Wotan- Black Metal im Dunstkreis des Nationalsozialismus IN: Lotta Nr.2/2000.
-Raabe, Jan: Auf der Such nach dem Heil- Neuheidentum und Faschismus IN: Lotta Nr.14/ Herbst 2003.
-Lohmann, Johannes: Satans Söhne des Krieges IN: Lotta Nr.11
http://www.zivilcourage-pirna.de/html/hauptteil_berzerk.htm
-Versteckspiel- Lifestyle, Symbole und Codes neonazistischer und extrem rechter Gruppierungen S. 7. Hrsg.: DGB- Jugend Hessen.
-Von Wotan, Tod und Teufel- Die NS- Black- Metal- Szene IN: Antifaschistisches Infoblatt Nr.49, 1999, S.37.